VITA

Die Pianistin Ragna Schirmer erfreut sich seit Jahren höchster Anerkennung bei Konzertpublikum und Fachkritik. Ihre Interpretationen zeichnen sich durch die Kunst der Nuance sowie die Liebe zum Detail auf der Suche nach verborgenen historischen und zeitgenössischen Bezügen aus. 1992 und 1998 erhielt sie den Bach-Preis der Stadt Leipzig – sie ist bisher die einzige Pianistin, die diesen Preis zweimal verliehen bekam. Im Jahr 2000 sorgte sie mit ihrer Einspielung von Bachs Goldbergvariationen für ein aufsehenerregendes CD-Debüt. Zwanzig Jahre später wurde im Rahmen der 30 für 30-Konzerte in der Corona-Pandemie ein Live-Konzert mit den Goldbergvariationen als DVD aufgezeichnet. Für die Gesamtaufnahme der Klaviersuiten von Georg Friedrich Händel wurde Ragna Schirmer mit dem Händel-Preis der Stadt Halle geehrt. 2003 und 2009 erhielt sie den ECHO Klassik.

Ihre Einspielungen umfassen mittlerweile 17 CDs, eine Vinyl-Veröffentlichung und zwei DVDs. Neben zwei hochgelobten Haydn-Alben verzeichnet Ragna Schirmers Diskographie Kompositionen von Beethoven, Felix Mendelssohn Bartholdy, Chopin, Robert und Clara Schumann, Brahms, Schmidt, Schnittke, Corigliano und Connesson. Zum Liszt-Jahr 2011 legte sie eine Gesamteinspielung der Années de Pèlerinage vor, die sie mit Madrigalen der italienischen Renaissance zu einer sinnstiftend schönen Kombination verband. Gemeinsam mit drei Ensembles wagte die Pianistin 2013 ein Experiment mit Händels Orgelkonzerten, bei dem sie neben einem klassischen Konzertflügel auch Hammerflügel und Hammond-Orgel spielte.

In ungewöhnlichen Projekten lässt sich das dramaturgische und programmatische Geschick der Künstlerin erkennen. Dies stellt sie nicht nur in moderierten Klavierabenden unter Beweis, sondern sie ist darüber hinaus auch in genreübergreifenden Theaterproduktionen zu erleben, die eigens für sie geschrieben und inszeniert werden: das 2012 uraufgeführte Blendwerk mit Christian Brückner oder das Ravel-Projekt Konzert für eine taube Seele mit dem Puppentheater Halle, welches in über zehn Jahren 125 Aufführungen erlebte. Eine Marionetten-Version des Triadischen Balletts von Oskar Schlemmer wurde 2023 im Rahmen des Mozartfests Würzburg als Fernsehproduktion aufgezeichnet.

Ein Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit ist die Beschäftigung mit Leben und Werk von Clara Wieck-Schumann. Zum Robert-Schumann-Jahr 2006 entstand das Projekt Ich möchte lachen vor Todesschmerz, in dem Ragna Schirmer gemeinsam mit dem Schauspieler Dominique Horwitz in Klang und Wort von der ebenso fruchtbaren wie schwierigen Beziehung zwischen Robert und Clara erzählt.

Zum 175. Hochzeitstag der Schumanns 2015 spielte Ragna Schirmer die CD Liebe in Variationen ein – eine Reminiszenz an die in Tönen verwobenen musikalischen Botschaften zwischen Clara, Robert und Johannes Brahms.

2017 erschien Clara, eine Aufzeichnung des Klavierkonzertes der jungen Clara Wieck. 2018 wurde das Stück Clara – ein Spiel für Ragna Schirmer und Puppen uraufgeführt. Im Clara-Schumann-Jahr 2019 feierte Schirmer die Pianistin und Komponistin mit über 100 Konzerten, bei denen sie nicht nur Clara Schumanns Kompositionen, sondern auch zahlreiche ihrer Konzertprogramme an den originalen Spielorten wiederaufführte. Schon 2017 brachte sie im Barocksaal Rostock das erste Konzert dieser Reihe zur Aufführung – auf den Tag genau 150 Jahre nach dem Konzert Clara Schumanns am 24. November 1867 im selben Saal.

Im Frankfurter Holzhausenschlösschen durfte Ragna Schirmer 2011 den eigenen Flügel von Clara Schumann in zwei Konzerten spielen: „Hier begann meine Faszination für historische Instrumente“, sagt die Pianistin, die seitdem gerne historische Flügel für ihre Konzerte in die Säle bestellt, um dem Klang der Werke zu ihrer Entstehungszeit möglichst nah zu sein. Für das Doppelalbum Madame Schumann (2019) spielte Ragna Schirmer zwei Original-Konzertprogramme Clara Schumanns ein und erhielt dafür großes Lob von der Fachpresse. Als „[eine] Klavier-Allrounderin mit wachem historischen Bewusstsein“ betitelte DER SPIEGEL Ragna Schirmer. Die CD verschaffe „einem zumindest die Illusion, eine Interpretin könnte nach 147 Jahren noch einmal reale Gegenwart werden“, schrieb die FAZ. Im April 2019 wurde die Pianistin gemeinsam mit der Musikwissenschaftlerin Janina Klassen mit dem Robert-Schumann-Preis der Stadt Zwickau ausgezeichnet, „für ihre jahrzehntelange Auseinandersetzung besonders mit Clara Schumann“.

Ragna Schirmer konzertiert in den wichtigsten Sälen in Europa, China und Neuseeland sowie bei renommierten Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem Beethovenfest Bonn, dem MDR-Musiksommer, den Haydn-Festspielen Eisenstadt, dem Schleswig-Holstein Musik Festival, dem Rheingau Musik Festival und den Salzburger Festspielen. Sie musizierte u. a. mit Zubin Mehta, Sir Roger Norrington, Kurt Masur, Sir Neville Marriner, Herbert Blomstedt und trat mit Klangkörpern wie den Münchner Philharmonikern, dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, dem Orchestre National de France, dem Gewandhausorchester Leipzig und der Academy of St. Martin in the Fields auf. 2023 war Ragna Schirmer Artiste étoile des Mozartfests Würzburg.

Neben ihrer Konzerttätigkeit unterrichtet Ragna Schirmer seit vielen Jahrzehnten mit großer Leidenschaft. Sie gibt regelmäßig Meisterkurse sowie Seminare zu den Themen Lampenfieber, Auftrittstraining, Motivation und Konzentration. Von 2001 bis 2011 hatte sie eine Professur an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim inne. Seit 2009 widmet sie sich erfolgreich der Begabten- und Hochbegabtenförderung am Musikzweig der Latina August Hermann Francke in Halle an der Saale.

Auch kulturpolitisch engagiert sich Ragna Schirmer seit vielen Jahren. Von 2008 bis 2013 war sie zunächst Mitglied, dann Präsidentin des Kultursenats Sachsen-Anhalt. Sie setzt sich in verschiedenen Projekten für die Wahrnehmung der Kultur in den Medien ein und versucht – auch und vor allem in schwierigen Zeiten wie der Corona-Pandemie – mit kreativen Ideen Zeichen zu setzen. Für ihre Leistungen erhielt Ragna Schirmer 2015 den Bürgerpreis der Stadt Halle. Im November 2020 wurde sie für ihr Engagement mit dem Landesmusikpreis Sachsen-Anhalt ausgezeichnet, und im November 2022 erhielt sie den Verdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt.

Jan Brachmann betitelte sie in der FAZ als politisch eine der klügsten, umsichtigsten und tatkräftigsten Künstlerinnen unseres Landes“.

Letzte Aktualisierung: November 2024
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